Marianne Utendorf arbeitet seit 1982 in der IT- und Organisationsberatung und managt Projekte, coacht Manager und Projektmanager und gibt Trainings in Projektmanagement und Führung. Sie war eine der ersten Frauen in Deutschland, die das Familieneinkommen verdienten, während ihr Mann sich zu Hause um Kind und Haushalt kümmerte. Fondsfrau Anke Dembowski spricht mit Marianne Utendorf über ihre Erkenntnisse aus ihrem langjährigen Umgang mit Führungskräften und fragt nach Tipps, die sich daraus für berufstätige Frauen heute ableiten lassen.

Frau Utendorf, erklären Sie uns kurz, was Sie beruflich tun?
Ich habe eine kleine Unternehmensberatung (seit 1989). Mit unserem Team unterstützen wir unsere Kunden (Handel, Banken, Versicherungen, Industrie, Öffentliche Verwaltung) beim Management ihrer Vorhaben.

Wenn Sie schon so lange im Projektmanagement arbeiten: Können Sie uns sagen, ob es typisch männliche und typisch weibliche Vorgehensweisen beim Projektmanagement gibt?
Ich halte diese Art von Kategorisierung für weniger tauglich. Es gibt m.E. gute (im Sinne von zielführenden) Vorgehensweisen und weniger gute, d.h. z.T. sogar dem Projekterfolg völlig abträgliche Vorgehensweisen. Zudem ist es je nach Projektsituation und Teamzusammensetzung notwendig, anders vorzugehen und anders zu führen. Beispiel: in Krisensituationen sind eine klare Linie, Ruhe und z.T. sehr autoritäres Führen angesagt. – Wenn’s brennt wird auch nicht diskutiert! Daher propagiere ich einen situativen und Mitarbeiter-bezogenen Führungsstil. Grundlage ist jedoch immer eine realistische Vorgehensplanung (als rollierende Planung) aufgrund derer delegiert und kontrolliert wird. Ja, ich bin für Kontrolle, da nur durch das Hinsehen, Leistung und auch Nicht-Leistung wahrgenommen werden kann. Sonst sind anerkennende Worte schnell Lobhudelei und wirken kontraproduktiv. Andererseits kann man schon bisweilen beobachten, dass sich Männer für die Kernerarbeit eines Projektleiters (immer die Steine für das Team aus dem Weg räumen – wie eine Hausfrau, die ständig putzen muss, da es immer wieder dreckig wird!) zu schade sind, eher drüberschweben wollen oder am liebsten den Taskforce-Manager (der Retter in der Not, die sie meist selbst herbeigeführt haben) spielen wollen. Frauen hingegen verschwinden ggf. hinter dem Team, trauen sich weniger, auch ihre Leistung zu vermarkten.

Sie sagten einmal, dass Frauen anders netzwerken als Männer. Als Frauen-Netzwerk interessiert uns das natürlich. Inwiefern knüpfen und halten Frauen Geschäftskontakte anders als Männer?
Sorry, ich halte mich nicht für einen großen Netzwerker, gehöre (Jahrgang 1950) auch eher zu der Generation, die meist in Männerrunden agiert hat und wenig Kontakt zu Frauen in Management-Positionen hatte. Meine Beobachtung ist, dass Netzwerken sehr deal-bezogen war (ist?), ich allerdings eher Kontakt zu Menschen halte, gehalten habe, die Werte-mäßig und arbeitsmäßig eine ähnliche Linie haben / hatten wie ich.

Sollten sich Frauen, die Karriere machen wollen, Ihrer Meinung nach an die ungeschriebenen Business-Regeln der Männer anpassen, oder ihren eigenen (weiblichen) Weg finden? Wenn ja: Wie könnte der aussehen?
Nun, für mich ist die Frage, was sind denn so die ungeschriebenen Business-Regeln der Männer? Und: sind diese denn typisch männlich? Denn dieses Etikett erhalten sie bisweilen doch auch deshalb, weil es wenige(r) Frauen im Management gibt. Ich denke, jeder sollte seinen eigenen Weg suchen und finden. Das bedeutet, selbstbewusst zu sein (sich seiner selbst bewusst), nicht sofort immer die Schuld bei sich suchen, sondern auch erst mal den Ball ins andere Spielfeld kicken und den anderen suchen lassen, nicht für alles die Verantwortung übernehmen, die eigenen Stärken vermarkten und sich nicht (dauernd) für irgendwelche (vermeintlichen) Schwachpunkte entschuldigen. Lob annehmen und nicht verbal verkleinern („Das Outfit sieht gut aus!“ – „War aber auch gar nicht teuer…“). Was man dann nicht braucht: Sich die Federn von anderen anstecken! Ein gut vorgetragenes Wir – ohne die eigene Leistung zu verkleinern – ist da oft viel wirksamer. Ein Tipp, wie es ganz extrem geht, findet sich im Buch Wahnsinnskarriere von Wolfgang Schur und Günter Weik – nicht unbedingt zum wortgetreuen befolgen, aber einiges davon ist überlegenswert!

Wie weiblich sollen sich Frauen im Geschäftsleben geben, und inwieweit sollten sie vielleicht auch die ein oder andere bewährte Gepflogenheit von Männern üernehmen?
Nun, eine Gepflogenheit können Frauen wohl schwer übernehmen: das sind die auf der Herrentoilette getroffenen Absprachen in den Sitzungspausen. Allerdings sollte Frau immer klar haben, dass sich nach so einer Pause für eine Sitzung das eine oder andere geändert haben kann. Was ist mit weiblich gemeint? Ich bin kein Verfechter von maskulinen Hosenanzügen oder Ähnlichem. Kostüme, Kombinationen, Kleider finde ich nach wie vor angebracht. Allerdings bitte nicht zu eng und zu kurz. Da habe ich in meinem Berufsleben schon einige Lächerlichkeiten und Peinlichkeiten mit Frauen erlebt. Gut angezogen ja, aber nicht neckisch oder aufreizend. Auch Schmuck, Schminke etc. eher dezent denn ins Auge stechend. Da gilt für mich die Regel wie bei Männern: keine auffällige Krawatte, der andere soll ja ins Gesicht schauen und nicht abgelenkt werden. Analoges lässt sich für Frauen übertragen (Ausschnitt, …).

In einer Zeit, in der es noch gar nicht üblich war, dass Frauen das überwiegende Familieneinkommen bestreiten, haben Sie dies getan. Wann war das, und wie hat sich das für Sie angefühlt?
Nun, ich habe seit Beginn meiner Berufstätigkeit (mit 23) mehr verdient als mein Mann, war später dann mit der Geburt meiner Tochter (Anfang der 90er Jahre) etliche Jahre Alleinverdiener in der Familie, da mein Mann die Erziehungszeit nahm. Für uns im Innenverhältnis war das ganz normal. Allerdings war es für mich schon eine Umstellung, das Gefühl noch mehr Verantwortung zu tragen, als ich dann Alleinverdiener war und auch das volle unternehmerische Risiko trug.

Was hat Ihr Umfeld zu Ihrer Konstellation gesagt? Und hat sich hier mittlerweile die allgemeine Einstellung gewandelt? Ist die Gesellschaft toleranter für „alternative“ Lebensmodelle geworden als vielleicht vor 20 Jahren?
Bei uns kam zweierlei zusammen: ich war ja schon relativ „alt“ als Mutter. So hatte mir sowieso keiner mehr Kinder zugetraut. Alle waren über die Nachricht von der Geburt erstaunt, viele hatten das vorher gar nicht wahrgenommen, obwohl man es hätte sehen können. Zum zweiten war die Elternzeit noch ein ganz neues Konstrukt. So war z.B. nicht geregelt, wann der Mann es seinem Arbeitgeber mitteilen muss, es gab noch nicht mal die Formulare für die Übertragung des Rentenanspruchs für diese Zeit! So waren wir sicher in vielem Vorreiter und wurden ggf. etwas als Kuriosum gesehen. In dieser Zeit machte allerdings der damalige Wiesbadener OB (Exner) auch Elternzeit und damit war das dann auch gesellschaftsfähig. Insgesamt denke ich, sind solche Konstellationen heute Normalität, wenn auch nicht allgemein üblich, so doch sehr viel häufiger.

Wie wurde damals Ihr Mann von seinem Umfeld behandelt und gesehen, als er Hausmann war?
Unsere Freunde fanden das prima und richtig, um anderes haben wir uns einfach nicht gekümmert. Mit meinen Kunden habe ich über diese Themen maximal am Rande gesprochen und es damit nicht diskussionsfähig gemacht. Zudem war mein Mann nicht nur ein wunderbarer Vater, sondern auch schon immer ein hervorragender Koch! Um die Hausarbeit haben wir uns beide nie gerissen und dies – wenn möglich – lieber delegiert.

Manche Frauen möchten partout nicht auf ihr Frau-Sein oder ihre Erfahrung als Frau im Geschäftsleben angesprochen werden. Halten Sie das für unsolidarisch oder für undankbar gegenüber denjenigen Frauen, die ihnen durch ihren Einsatz für Gleichberechtigung vielleicht ein Stück weit den Weg geebnet haben?
Ich vermute, dass hinter diesem „nicht darauf angesprochen werden wollen“ eher ein Teil Unsicherheit steckt, Entwicklung, die noch zu durchlaufen ist, um mehr Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein zu gewinnen. Aber es darf auf keinen Fall zum zentralen Thema der Kommunikation werden. Andererseits muss ich sagen, dass im Laufe der Jahre für mich selbst diese Themen: „Frau im Geschäftsleben“ eher zweitrangig geworden sind. Ich bin so wie ich bin, habe gelernt mit meinen Stärken und Schwächen zu leben und zu agieren. Erfahrung macht man selber, die kann man nicht weitergeben. Man kann anderen – so sie mögen – Feed back geben. Denn Ratschläge sind eben auch Schläge!

Durch Ihre Seminare haben Sie langjährige Erfahrung und Einblicke in verschiedene Firmen. Welche drei wichtigen Tipps können Sie Frauen, die heute eine Führungsposition anstreben, mit auf den Weg geben?

  1. Eine fundierte Berufsausbildung mit gutem Abschluss incl. Praktika;
  2. Wir befinden uns in einem lebenslangen Lernprozess aber nicht in einer andauernden Lehrzeit;
  3. Suchen Sie sich einen Mentor / Mentorin, der Ihnen Chancen für neue Arbeits- und Erfahrungsfelder eröffnet und durch sein/ihr Vertrauen Sie stärkt.

Vielen Dank für das Interview, Frau Utendorf!

Kontakt: MUT consult GmbH, Mainz
Tel: 0175 5207 222
marianne.utendorf@mutconsult.de
www.mutconsult.de

Profilbild von Anke Dembowski

Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

Förderer