Im Juni 2017 gewann Columbia Threadneedle Investments den Award als Arbeitgeber des Jahres bei den Women in Finance Awards. Die Auszeichnung honoriert Unternehmen, die sich aktiv für die Gleichstellung einsetzen. Fondsfrau Anke Dembowski spricht mit Alison Jefferis, Head of Corporate Affairs bei Columbia Threadneedle, wie man dort das Thema Gender-Gleichstellung angeht.

Ihr Jobtitel ist „Head of Corporate Affairs“. Wie kann man sich Ihre Tätigkeit vorstellen?
Ich kümmere mich um das Management der Reputation unserer Firma im weiteren Sinne – nach innen und nach außen. Wir artikulieren mit unserem Team unsere Position in Sachen Investmentkultur, Regulierung, und natürlich auch Gleichstellung, etc. Gleichzeitig vermitteln wir solche gesellschaftlich relevanten Themen nach innen.

Wie groß ist Ihr Team?
Wir sind 8 Mitarbeiter im Team für die Region Europa, naher Osten und Afrika (EMEA).

Wie sehen Sie unsere Branche, was das Thema Gleichstellung von Frauen angeht?
Das Thema hat mittlerweile ein Level an Aufmerksamkeit erreicht, auf dem es Wirkung zeigt. Wir haben das Thema „gleiche Chancen für Frauen“ schon lange adressiert, nur gesamtgesellschaftlich ist lange Zeit kaum etwas passiert. Das ändert sich langsam. Es ist tatsächlich ein langsamer Prozess. Man macht nicht Schnipp, und alles ist gut. Vielmehr fokussieren wir uns darauf, die langfristige Pipeline zu füllen.

Was tun Sie im Einzelnen bei Columbia Threadneedle, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen? Haben Sie sich z.B. selbst eine Quote für Frauen in Führungspositionen gegeben?
Wir arbeiten nicht einfach nur mit Quoten, sondern wir setzen uns vielschichtige Ziele. So hat Columbia Threadneedle als erster Asset Manager und eines der ersten sieben Unternehmen insgesamt die „Women in Finance Charter“ in Großbritannien unterzeichnet. Diese Charta auf Initiative des britischen Finanzminsteriums ist seit März 2016 in Kraft und verfolgt das Ziel, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der Finanzbranche zu fördern. Sie ermöglicht Finanzdienstleistern, sich freiwillig zu bestimmten Standards zu verpflichten. Im Zusammenhang damit setzen wir uns Ziele und veröffentlichen diese – damit haben wir 2015 begonnen. Die Ziele betreffen 5 Kategorien von Mitarbeitern und sind in verschiedene Zeitintervalle geteilt. Das sind z.B. Ziele für den Aufsichtsrat, für den Vorstand, für die obersten Führungsebenen, für Portfoliomanager, und so weiter.

Waren sich alle Beteiligten einig, als Sie die Ziele festgelegt haben?
Nicht sofort, daher haben bei der Zielsetzung sehr interessante Diskussionen stattgefunden. Einige haben z.B. gesagt, die Zielgröße für das Verhältnis zwischen Männern und Frauen soll 50:50 sein, genau wie in der Gesamtbevölkerung. Andere meinten, 30 % wären geeigneter, um nicht unrealistischen Zielen hinterherzujagen. Aber natürlich müssen die Ziele auch ambitioniert sein, denn sie sollen ja eine Änderung im Denken und Handeln bewirken.

Welche Änderungen konnten Sie denn schon bewirken in Ihrem Unternehmen?
Wir haben die Daten für die 5 Kategorien bis 2012 zurück erfasst. Über diesen Zeitraum können wir tatsächlich einen Fortschritt erkennen, was uns sehr freut! Wichtig ist uns besonders der Frauen-Anteil bei den Portfoliomanagern, denn hier geht es nicht nur um Fairness, sondern auch um den Business-Aspekt. In Bezug auf Risiko und Analyse agieren Frauen anders als Männer. Daher sind wir überzeugt, dass ein höherer Frauenanteil einen guten Einfluss auf das Kapital hat, das wir treuhänderisch für unsere Anleger verwalten.

Wie hoch ist denn der Frauenanteil bei Ihnen im Portfoliomanagement?
Branchenweit liegt der Anteil der weiblichen Portfoliomanager in Großbritannien bei unter 10%, bei uns liegt er bei 29%. Interessanterweise lag der Frauenanteil bei uns seit 2012 so hoch. Im Aufsichtsrat gab es bei uns hingegen mehr Verbesserungsbedarf: Er war 2012 noch komplett männlich besetzt, und heute liegen wir bei 33%. Bei uns waren Gender-Themen schon immer relativ hoch aufgehängt, denn wir haben mit Michelle Scrimgeour eine weibliche CEO für die Region Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA). Insofern haben wir gute weibliche Vorbilder bei uns im Hause.

Welche konkreten Maßnahmen waren bei Columbia Threadneedle die erfolgreichsten, um die Frauenquote in Führungspositionen bzw. im Portfoliomanagement zu erhöhen?
Es gibt nicht  d i e  eine richtige Maßnahme, sondern Sie müssen viele verschiedene Stellschrauben drehen, um etwas zu bewegen. Wichtig war z.B., dass wir unsere Ziele intern und extern veröffentlicht haben – das hat das Thema sichtbar auf den Tisch gebracht. Jeder konnte sehen, dass das bei uns eine Zielsetzung auf Geschäftsleitungsebene ist. Dann haben wir einen Gender-Action-Plan verabschiedet, der uns den gesetzten Zielen Stück für Stück näherbringt. Darin enthalten sind z.B. die Mitarbeiter-Beurteilungen, die auf einem Score-System beruhen. Damit werden unsere Mitarbeiter auf 2 Ebenen beurteilt: erstens im Hinblick darauf, ob sie ihre persönlichen Ziele erreicht haben, und zweitens  w i e  sie diese erreicht haben. Bei der Frage „wie“ fließen auch Dinge wie Kultur und Haltung mit ein. Diese Dimension halten wir für wichtig. Daneben haben wir ein Programm zur Identifizierung und Unterstützung von Talenten. Hier wollen wir auf der mittleren Ebene Frauen identifizieren, die sich für eine weitere Karriere eignen, denn genau auf der mittleren Ebene steigen viele Frauen aus.

Warum ist das so?
Einer der Gründe ist womöglich, dass die Frauen den Impetus und den Glauben daran verlieren, dass es karrieremäßig weitergeht. Wenn wir von unten eine gute Pipeline aufbauen und die Frauen auf der mittleren Ebene weiter unterstützen, können wir dem hoffentlich begegnen.

Welche weiteren Maßnahmen haben Sie getroffen?
Unser Programm umfasst u.a. Einzel-Coachings, Mentoring, Lerngruppen. Zudem bieten wir unseren Mitarbeitern weibliche Vorbilder. Wir haben z.B. eine Vortragsreihe „Women in Leadership“. Dort laden wir jedes Quartal Frauen ein, die eine leitende Position innehaben und über ihre Karriere, ihre Herausforderungen und darüber sprechen, wie sie z.B. Familie und Beruf miteinander vereinbaren. Dazu sind sowohl weibliche als auch männliche Mitarbeiter eingeladen. Auf diese Weise zeigen wir weibliche Vorbilder, denn „If you can’t see it, you can’t be it“.

Bieten Sie auch etwas für Mitarbeiter, die Familie haben?
Wir unterstützen berufstätige Eltern mit speziellen Programmen. Wie wir damit die beste Wirkung erzielen können, diskutieren wir auf Management-Ebene, denn wir wollen unsere Talente im Haus halten. Schließlich benötigen wir in unserer Branche Leute mit guter Ausbildung und Fähigkeiten, und diese wollen wir halten. Flexible Arbeitszeiten sind das eine. Außerdem halten wir Kontakt zu Mitarbeiterinnen im Mutterschaftsurlaub und bieten anschießend Teilzeit-Arbeit an. Dabei achten wir darauf, dass das Zeit-Modell sowohl zur einzelnen Mitarbeiterin als auch zum Team passt, denn am Ende soll es beiden helfen. Unsere Mitarbeiter schätzen dieses Eingehen auf individuelle Bedürfnisse sehr. Wenn man erst einmal mit einem Gender-Action-Plan anfängt, beginnt sich die gesamte Geisteshaltung im Unternehmen zu ändern.

Wie begegnen Sie der Gefahr des unconscious bias bei Einstellungsgesprächen?
Wir sind uns darüber bewusst, dass alle Menschen unconscious biases, sprich unbewusste Neigungen haben. Daher haben wir zum einen ein unconscious-bias-Training entwickelt, das bei uns alle Manager mit Personalverantwortung durchlaufen. Zum anderen lernen unsere Kandidaten für Senior-Jobs im Einstellungsprozess sowohl weibliche als auch männliche Mitarbeiter kennen.

Columbia Threadneedle ist in verschiedenen Ländern aktiv. Was sind die Haupt-Unterschiede, das Gender-Thema betreffend?
Wie in vielen Bereichen, gibt es auch beim Thema Gender Diversity kulturelle Unterschiede. Unsere EMEA-Zentrale mit vielen verschiedenen Bereichen und Abteilungen liegt in Großbritannien. In den anderen Ländern haben wir reine Vertriebsbüros. Dort fanden wir es zum Beispiel schwierig, weibliche Kandidaten für die Besetzung des Länder-Chef-Postens zu finden.

Aha!
Ja, das wird sich sicherlich im Laufe der Zeit ändern, solche Änderungen brauchen einfach eine Weile. Einer der Treiber, die zum Umdenken führen werden, ist, dass die nächste Generation völlig anders an die Jobsuche herangeht, als es vor einigen Jahren üblich war: Sie stellen andere Ansprüche an Arbeitsumfeld und Arbeitsbedingungen. Und auch hier arbeiten wir an der Umsetzung unseres Ziels, eine höhere Diversität zu schaffen. Nur Unternehmen, die das verstehen und umsetzen, werden langfristig die besten Talente für sich gewinnen und damit am Markt bestehen. Hier hilft auch das Internet, denn es macht die Dinge transparent.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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