Zugegeben, so oft habe ich keine 500-Euro-Scheine im Portemonnaie. Wenn dies einmal vorkam, hatte ich meine liebe Sorge, einen so großen Schein einsetzen zu können – kein normales Geschäft ist davon begeistert, und viele verweigern einfach die Annahme.

Trotzdem tut es mir leid, dass der 500-Euro-Schein nun abgeschafft werden soll. Aktuell zündet man die Kerze von beiden Seiten an: Von unten schaffen einige Gemeinden 1- und 2-Cent-Münzen ab, und von oben will der EZB-Rat nun den größten Schein abschaffen. Übrig bleibt nur noch die Mitte. Das wäre nicht schlimm, wenn ich nicht das dumpfe Gefühl hätte, dass dies der Anfang vom Ende des Bargeldes ist. Offenbar sollen wir uns langsam daran gewöhnen, dass erst die eine oder andere Münze, und der eine oder andere Schein von der Bildfläche verschwinden. Ich habe dabei den Frosch vor Augen, den man in heißes Wasser wirft, und der im hohen Bogen herausspringt. Steckt man ihn aber in kaltes Wasser und erhitzt es kontinuierlich, soll er es angeblich gar nicht merken und langsam garen… dann ist er tot.

Ich weiß nicht, ob das mit den Fröschen stimmt, aber ich habe das Gefühl, dass man uns durch viele kleine Schritte langsam abstumpfen will, so dass wir gar nicht merken, dass man uns das Freiheitsgefühl und den direkten Bezug zum Wert, den Bargeld vermittelt, einfach wegnehmen will.

Vorwand der Kriminalitäts-Bekämpfung
Und die Argumentation ist so scheinheilig, dass man fast lachen muss. 500-Euro-Scheine würden die Kriminalität fördern… ist ja interessant! In den USA ist die werthöchste Banknote der 100-Dollar-Schein. Können Sie feststellen, dass es daher in den USA keine Kriminalität mehr gibt? Ich lese, dass die Gefängnisse dort voller sind als je zuvor. Die Schweiz hat noch 1000-Franken-Scheine. Ist daher die Kriminalität in der Alpenrepublik besonders hoch?

Wenn ein Krimineller keine 500-Euro-Scheine mehr verwenden kann, nimmt er eben 200-Euro-Scheine oder Dollar oder was weiß ich! Kriminelle werden immer andere Wege finden. Man diskutiert ja auch die Begrenzung von Bar-Zahlungen in Deutschland auf 5.000 Euro. Na, da werden Kriminelle und Terroristen aber mächtig beeindruckt sein! Sie werden sagen: „Tut mir leid, Kumpel, diesen Drogen-Deal dürfen wir so nicht abwickeln. Der Wert der Drogen beträgt über 5.000 Euro, und das übersteigt die Grenze, die der deutsche Gesetzgeber festgelegt hat. Sorry ey!“

28 Prozent des Bargeldumlaufs soll in 500 Euro-Scheinen sein. Die Geldabschaffer streuen die Vermutung, dass dies überwiegend in den Händen von Kriminellen und Terroristen liege. Ich hingegen vermute, dass dies zu einem großen Teil in Haustresoren, Matratzen und sonstigen Verstecken von ganz normalen Privatpersonen liegt, die der aktuellen Geld- und Bankenpolitik nicht mehr trauen. Sie sagen sich „was ich hier habe, das habe ich“, und pfeifen auf die mikroskopisch niedrigen Zinsen, auf die sie durch die Bargeld-Haltung verzichten. Es ist noch kein Jahr her, dass die Bargeld-Abhebung an griechischen Bankschaltern von heute auf morgen eingeschränkt wurde. Wie die Pennäler konnten sich dann die Bürger Bargeld zuteilen lassen – wohlgemerkt, das eigene!

Sicher ist: Die Abschaffung von Bargeld wird keine vertrauensbildende Maßnahme sein, denn sie untergräbt die Rolle des Geldes als Wertaufbewahrungsmittel. Sollte der Euro in Bar komplett abgeschafft werden, werden die Menschen eben andere Währungen halten – was spricht gegen Dollar-, Schweizer Franken- oder Norwegische Kronen-Scheine im Tresor? Wird den Banken in Europa dann verboten, diese anzunehmen oder auf dem Konto gutzuschreiben? Soll uns dann die Gold-Haltung auch noch verboten werden, wie früher im Ostblock?

Wir sollen verführt werden
Meine Vermutung ist: Man will uns mit aller Macht die negativen Zinsen aufs Auge drücken. Durch Bargeld- oder Edelmetall-Haltung kann man sich dem relativ einfach entziehen, also will man uns jedes Ausweichen erschweren. Wir sollen nicht sparen, sondern gefälligst unser Geld ausgeben. Bei Bargeld haben wir noch den Bezug zum Geld, aber zack, Augen zu, Karte durch, und der Boom ist angekurbelt! Wir sollen Konsum-Melkkühe ohne Achtsamkeit vor unserem Geld und ohne echte Wahlmöglichkeiten werden. Konsum führt zu Wachstum, also Geldausgeben, koste es was es wolle!

Der schöne Nebeneffekt ist, dass jede noch so kleine Zahlung per big-data-Abruf nachvollzogen, aggregiert und ausgewertet werden kann. Sollen wir uns jetzt geehrt fühlen, über so viel Interesse an unserem Ausgabenverhalten seitens der Politik? Ha ha!

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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