Sie wissen ja: Mit der Frauen-Emanzipation ist es ein wenig wie mit der Demokratie: Man ist sich nicht wirklich darüber bewusst, was man schon erreicht hat, weil es so selbstverständlich ist, wenn es erst einmal da ist.

Auch wenn wir von einer kompletten Gleichberechtigung noch ein Stück weit entfernt sind, hat sich die rechtliche Situation von Frauen hierzulande in den vergangenen 50 Jahren schon erheblich verbessert. Gestatten Sie mir daher einen kleinen Rückblick für den Weltfrauentag am 8. März 2018! Wohlgemerkt geht es bei diesem Rückblick nicht etwa um arabisches Sharia-Recht, sondern um das deutsche BGB vor nicht mal 50 Jahren!

Kein Konto ohne die Zustimmung des Gatten
„Noch zu meiner Zeit in der Bank war das sogenannte „Geheimsparen der Hausfrauen“ verboten“, erzählt ein Banker alter Schule. Gewollt war damals, dass die Hausfrau nichts vom Haushaltsgeld abzwacken sollte, um die so ersparten Groschen auf ein eigenes Konto einzuzahlen. Erst seit 1962 dürfen Frauen in Deutschland ein eigenes Bankkonto eröffnen.

Verheiratete Frauen durften keine größeren Anschaffungen tätigen
Auch durften Frauen noch in den 70er Jahren nur die Waren des täglichen Bedarfs tätigen, aber keine größeren Anschaffungen wie z.B. Möbel, Musikinstrumente, etc.. Hierzu eine Geschichte aus der eigenen Familie: Meine Mutter kaufte einmal ein Klavier – das muss wohl in den 70er Jahren gewesen sein. Die Möbelpacker schleppten das schwere Instrument in den 2. Stock unseres Hauses. Das Instrument erschien meinen Eltern dann aber zu wuchtig. Daraufhin erklärte mein Vater dem Klaviergeschäft, dass er dem Kauf nicht zugestimmt hätte. Der Händler durfte seine Leute wieder schicken, um das Klavier abzuholen. Der Kaufpreis musste vom Händler in voller Höhe zurückerstattet werden, weil er meiner Mutter das Klavier ohne Zustimmung meines Vaters gekauft hatte. Für den Kauf eines teuren Musikinstruments musste selbstverständlich das Familien-Oberhaupt – also der Mann – zustimmen. Wenn nicht, war der Kaufvertrag schlicht und ergreifend nichtig. In dem beschriebenen Fall war das praktisch, aber ansonsten stellte diese Regelung die Ehefrau auf die gleiche Stufe wie minderjährige Kinder.

Männer konnten den Arbeitsvertrag ihrer Ehefrau einfach kündigen
Auch wenn eine verheiratete Frau in der Generation unserer Mütter arbeiten wollte, durfte sie das nur mit Zustimmung ihres Ehemanns. Dazu schreibt Helma Sick in ihrem Buch „Ein Mann ist keine Altersvorsorge“: „Auch in meiner Generation (geboren 1943) galt manches davon noch. Zwar gingen ein paar Mädchen mehr aufs Gymnasium, es wurde üblich, eine Berufsausbildung zu haben, um mindestens erwerbstätig zu sein, bis man verheiratet war und Kinder kamen. Aber auch mein Arbeitsverhältnis hätte von meinem Mann noch bis 1977 gekündigt werden können.“

„Erste Pflicht der Frau“ war damals eben die Haushaltsführung. Daher wollte man dem Mann die Entscheidung darüber lassen, ob er damit einverstanden war, dass seine Frau ihm weniger den Rücken freihalten und sich nicht ganz so intensiv um die Hausarbeit kümmern konnte, wenn sie berufstätig war. Er galt also damals als der Leidtragende! Erst seit 1977 dürfen Frauen selbständig einen Arbeitsvertrag unterschreiben – selbst dann, wenn sie verheiratet sind!

Blaustrümpfe und „Fräulein Lehrerin“
Diese Unselbständigkeit war geltendes Recht, obwohl Frauen schon länger eine gleichwertige Ausbildung haben konnten. Denn immerhin durften Frauen sich in Baden seit 1901 zu gleichen Bedingungen wie Männer an einer Hochschule immatrikulieren. 1908 zog Preußen mit der „preußischen Mädchenschulreform“ nach, die eine reguläre Ausbildung und Zulassung auch von Mädchen zum Abitur und zum Studium möglich machte. Dennoch wurden Studentinnen noch bis in die 50er und 60er Jahre hinein als „Blaustrümpfe“ verspottet und ihnen wurde im Hörsaal hinterhergepfiffen.

Hierzu vielleicht noch ein Rückblick auf die 1950er Jahre: Bis 1951 gab es das sogenannte Lehrerinnen-Zölibat – in Baden-Württemberg galt es sogar bis 1956. Demnach sollten Lehrerinnen nicht heiraten, sondern sich in Keuschheit ganz ihrer erzieherischen Aufgaben widmen. Wenn eine Lehrerin aber doch heiratete, konnte sie das nicht nur den Job kosten, sondern auch ihre bis dahin angesammelte Altersvorsorge. „Eine Berufstätigkeit wurde vor allem für bürgerliche Frauen lediglich als Überbrückung der Übergangszeit bis zu einer Heirat und Mutterschaft betrachtet“, schreibt der Betzold-Blog für Lehrerinnen und Lehrer. Dort ist auch von einer Liste mit Regeln für Lehrerinnen der Stadt Zürich aus dem Jahr 1915 die Rede. Unter anderem ist dort zu lesen, dass Lehrerinnen keine hellen Kleider tragen, keine Eisdielen besuchen oder zwischen 20 Uhr und 6 Uhr das Haus verlassen durften. Ja Du meine Güte, wo kämen wir denn da hin, wenn unverheiratete Lehrerinnen nach 20 Uhr an kulturellen Veranstaltungen teilnehmen oder sich gar amüsieren wollten!

Übrigens konnten auch weibliche Beamte im Falle der Eheschließung entlassen werden – so sah es das vorläufige Bundespersonalgesetz von 1950 vor. Für Krankenschwestern galt bis in Zeiten nach dem 2. Weltkrieg Ähnliches. Als Schwesternschülerinnen hatten sie sogar kaserniert im Schwesternwohnheim zu wohnen. Dies war allerdings auch dem Umstand geschuldet, dass damals die Volljährigkeit erst mit 21 Jahren eintrat und daher Schwesternschülerinnen oft noch nicht volljährig waren; es kam also einer Internats-Unterbringung gleich.

Der Körper einer Frau gehörte teilweise auch dem Gatten
Der Sammlung solcher heute skurril anmutenden Rechtsgrundsätze konnte eine Freundin aus der Finanzbranche noch etwas hinzufügen: „Ich weiß noch: Als ich mich nach der Geburt meines dritten Kindes sterilisieren lassen wollte, wurde die Operation nur ausgeführt, nachdem mein Ehemann schriftlich eingewilligt hatte.“ Ich frage mich, ob sie damals hätte einwilligen müssen, wenn ihr Mann sich hätte sterilisieren lassen wollen.

Erst 1998 fällt der „Kranzgeld“-Paragraf!
Immerhin können Männer heutzutage auch nicht mehr für das „Verbrechen“ von Sex vor der Ehe zu einer Zahlung verurteilt werden. Als ich für mein BWL-Studium den BGB-Schein machen musste, lernten wir noch, dass die „unbescholtene Braut“ in Geld zu entschädigen sei, wenn der Verlobte seine Braut dann doch nicht heiratet. Entschädigt wurde der „Schaden, der nicht Vermögensschaden war“, wie es schamhaft im BGB ausgedrückt wurde. Juristen hatten im Studium immer so tolle Eselsbrücken, um sich die Paragrafen-Nummern zu merken. Hier ging es um §1300 BGB, und die Eselsbrücke lautete: „Der Heil‘ge Geist schaut ganz verwundert, Maria klagt auf Dreizehnhundert.“ Dieser Paragraf wurde erst durch das Eheschließungsrechtsgesetz vom 4. Mai 1998 aufgehoben und aus dem BGB gestrichen.

Ist es nicht schön zu sehen, dass bereits viele alte Zöpfe abgeschnitten werden konnten? Aber wer stehen bleibt, wird von der Strömung zurückgeworfen. Daher sollten wir weiter an der Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der Finanzbranche arbeiten!


Dieser Kommentar gibt die Meinung von Fondsfrau Anke Dembowski wider.

 

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Anke Dembowski

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Gründerin des Netzwerks „Fondsfrauen".

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